Arnulf Baumann starb am 22. Mai 2022 im Alter von 90 Jahren. Er hat seit den 1960er Jahren über mehrere Jahrzehnte entscheidend zu dem heute in der evangelischen Kirche erreichten Konsens über ein neues Verhältnis zum Judentum beigetragen. Seine Verdienste für die Neugestaltung der christlich-jüdischen Beziehungen sind groß.
Als Mitglied der Studienkommission der EKD war er von 1973 bis 2000 an allen drei EKD-Studien Christen und Juden maßgeblich beteiligt. Dabei kommt der Studie I von 1975 eine besondere Bedeutung zu. Er hat den Text der Studie in vielen Sitzungen mitverfasst. Diese Studie war ein Meilenstein der Erneuerung der christlich-jüdischen Beziehungen in der EKD.
Von 1983- 2000 war er Vorsitzender des Ev-luth. Zentralvereins für Begegnung von Christen und Juden. In diese Zeit fallen die Namensänderungen des Zentralvereins und das sog. Leipziger Positionspapier mit der Absage an die Judenmission. Ernst Ludwig Ehrlich nannte ihn einen Mann der „wahren teschuwa“ (Umkehr). Von 1974-2000 war der Herausgeber der Zeitschrift Friede über Israel. Auf diese Weise kam das Thema Kirche und Judentum in viele Pfarrämter in ganz Deutschland. Er hat den Zentralverein in Jahrzehnte langer Arbeit als stellvertretender Vorsitzender und Vorsitzender aus seiner Isolierung herausgeführt und zu einem gefragten und allseitig geschätzten Gesprächspartner gemacht.
Arnulf Baumann war Mitbegründer der Lutherischen Europäischen Kommission Kirche und Judentum und in den 1990er Jahren ihr Vorsitzender. Dieses Gremium, das sich alljährlich trifft, ist das einzige christlich-jüdische Gremium, das sich auf europäischer Ebene dem christlich-jüdischen Dialog kontinuierlich seit über 40 Jahren widmet.
Arnulf Baumann hat die Faltblattserie „Was jeder vom Judentum wissen muss“ angeregt und redigiert. Sie erschien als Taschenbuch, ist bis heute erhältlich und wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt. Serie und Buch haben in den Kirchen bedeutend zur Kenntnis über das Judentum beigetragen.
Arnulf Baumann zeichnete eine unaufgeregte nüchterne Art, Zuverlässigkeit, immenser Fleiß und Pflichtbewusstsein aus. So wurde es seine große Stärke, Vertrauen auch bei Vertretern gegensätzlicher Positionen zu erwerben. So hat er entscheidend dazu beigetragen, dass der Umkehrprozess in unserer Kirche sich in großem Konsens vollzogen hat. Einen ausführlichen Bericht über sein Engagement hat er in dem Beitrag „Vom Bohren ganz dicker Bretter“ in Begegnungen 1/ 2004 gegeben.
Für sein Engagement erhielt er 2017 den Blickwechselpreis von Begegnung Christen und Juden. Niedersachsen. Unser Verein verdankt ihm viel und bewahrt ihm ein ehrendes Andenken.
Ursula Rudnick