
Autorin:
Dr. Deborah Weissman
Das Leben in Israel war im vergangenen Monat eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Die wichtigste Nachricht ist sicherlich, dass der Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas bisher gehalten hat und immer mehr lebende (und auch einige tote) Geiseln im Austausch gegen palästinensische Gefangene aus israelischen Gefängnissen freigelassen werden konnten. Bei den freigelassenen Geiseln handelte es sich zunächst um junge Frauen, von denen die meisten in der Armee als „Aufklärerinnen“ – der hebräische Begriff lautet „tatzpitaniyot“ – gearbeitet hatten. Sie waren dünner und blasser als zuvor, aber vielleicht, weil einige von ihnen die letzten 16 Monate in Gefangenschaft zusammen verbracht hatten, wirkten sie bei ihrer Freilassung fröhlich und glücklich. Das Verhalten der Hamas-Massen, die im Fernsehen zu sehen waren und die jungen Geiseln umzingelten und einschüchterten, stand im Gegensatz zu dem positiven Bild, das die Heimkehrer abgaben.
Dann wurden einige Männer freigelassen, die abgemagert und erschreckend unterernährt aussahen. Aber alle konnten auf eigenen Füßen gehen und schienen sich zu freuen, wieder bei ihren Familien zu sein. Es gibt noch 59 Geiseln, aber weniger als die Hälfte von ihnen ist noch am Leben.
Mit der Rückkehr der Geiseln am 7. Oktober wurden auch zwei junge israelische Männer – ein äthiopischer Jude und ein arabischer Beduine – freigelassen, die seit mehr als zehn Jahren in Gaza gefangen gehalten worden waren.
All diese Entwicklungen waren Teil der ersten Phase des Geiselabkommens. Auch am Ende des Monats Februar ist noch nicht klar, ob die erste Phase verlängert wird und was mit der zweiten Phase geschehen wird. Die Umsetzung der zweiten Phase würde bedeuten, dass der Waffenstillstand verlängert und der Krieg nicht wieder aufgenommen wird.
Es gab auch Geiseln, die in Särgen zurückgebracht wurden. Einer der traurigsten Tage in diesem Monat war der vorletzte Schabbat im Februar, als der Leichnam der Geisel Shiri Bibas zusammen mit den Leichen ihrer beiden rothaarigen Söhne Ariel und Kfir zurückgebracht werden sollte. Der Ehemann und Vater der Familie, Yarden, war eine der männlichen Geiseln, die freigelassen wurden. Die lächelnden Bilder der Familie hatten die Phantasie vieler wohlmeinender Menschen auf der ganzen Welt angeregt. Die beiden kleinen Särge mit den Leichen der Jungen wurden tatsächlich zurückgebracht, allerdings in Begleitung einer unbekannten Palästinenserin. Die Leiche der Mutter kam erst Stunden später. Eine weitere Form psychischer Folter? Kriminelle Fahrlässigkeit? Ein ehrliches Versehen? Vielleicht werden wir es nie erfahren.
Beide Seiten, Israel und die Hamas, beschuldigten sich gegenseitig, gegen die Vereinbarungen verstoßen zu haben.
Generell hat die Hamas die Israelis bis zur letzten Minute warten lassen, ohne Namenslisten und ohne den Zustand der Rückkehrer zu kennen.
In diesen Tagen findet eine ernsthafte Debatte statt, sowohl in der Bevölkerung als auch in der Knesset, dem israelischen Parlament. Fast 75 bis 80 Prozent unterstützen den Geisel-Deal und sagen, auch wenn es kein großer Deal ist, müssen wir wenigstens erreichen, dass alle Geiseln freilassen werden. Die anderen wollen den Krieg fortsetzen und zerstören, was von der Hamas in Gaza noch übrig ist. Unter ihnen gibt es eine kleine Minderheit, die eine jüdische Wiederbesiedlung des Gazastreifens wünscht. Der extremistische Minister Bezalel Smotrich bezeichnete die Debatte als eine zwischen Herz und Hirn. In unserem Herzen wollen wir, dass alle Geiseln nach Hause kommen, aber in unserem Verstand wissen wir, dass wir den Krieg gegen die Hamas fortsetzen müssen, bis wir den vollständigen Sieg errungen haben.
Diese Einschätzung änderte sich zumindest vorübergehend, als US-Präsident Trump kürzlich seinen Plan für den Gazastreifen vorstellte: Er schlug vor, alle Bewohner des Gazastreifens nach Ägypten, Jordanien und sogar Albanien umzusiedeln, die Trümmer des Gazastreifens zu beseitigen und den Streifen in eine Art Riviera des Nahen Ostens zu verwandeln. Obwohl die Gegner dieses Plans auf gefährliche Präzedenzfälle wie die rassistischen Ideen von Meir Cahane oder des rechtsextremen Kabinettsministers Rehav’am Ze’evi hinwiesen (beide wurden in den 1990er Jahren von Palästinensern ermordet), empfand eine vorübergehende Mehrheit der Juden den Vorschlag des US-Präsidenten als willkommen. Mit anderen Worten: Wenn sogar die USA ihn unterstützen, sollten wir ihn vielleicht umsetzen. Aber nachdem wichtige Kräfte in der arabischen Welt den Plan abgelehnt hatten, schien er fallen gelassen worden zu sein, sogar von Trump, der den Plan, israelische Juden nach Gaza umzusiedeln, nie akzeptiert hatte. Möglicherweise sah er die Zukunft des Gazastreifens in einer Art Las Vegas mit Kasinos – einem Vergnügungszentrum.
Im Norden wurde der fragile Waffenstillstand fortgesetzt, wobei die israelischen Streitkräfte fünf Posten im Südlibanon als eine Art Pufferzone unterhalten und die israelischen Bewohner des Nordens langsam in ihre Häuser zurückkehrten.
Die IDF, die Armee, hat einen neuen Generalstabschef, der sein Amt am 1. März antreten soll. Er steht Netanyahu näher als die meisten seiner Vorgänger, ist aber sicherlich für seine neue Aufgabe qualifiziert. Der scheidende Generalstabschef hat sich bei den Geiseln für die fatalen Fehler der Armee am 7. Oktober entschuldigt, obwohl die Regierung natürlich noch nichts in dieser Richtung unternommen hat. Es gibt mehrere Korruptionsskandale, in die zum Beispiel Personen aus Netanyahus innerem Kreis verwickelt sind, die als Berater für die Regierung von Katar tätig waren.
Da wir nun in den glücklichen jüdischen Monat Adar eintreten – den Monat, in dem die Juden das Purim-Fest feiern, das dieses Jahr mit dem Ramadan zusammenfällt -, sollten wir mit zwei hoffnungsvolleren Punkten schließen. Erstens: Abgesehen von Trumps Riviera-Vorschlag beginnen die Menschen auf vielen Seiten darüber nachzudenken, dass der Gazastreifen nach dem Ende des Krieges wieder aufgebaut werden muss. Sogar die Ägypter haben angeboten, dabei zu helfen. (Zum jetzigen Zeitpunkt ist es schwer zu sagen, ob Präsident Trump dies als ein Ziel seiner Regierung betrachten wird, aber in der Zwischenzeit haben einige amerikanische Auftragnehmer aus dem privaten Sektor angedeutet, dass sie bereit wären, den Gazastreifen wieder aufzubauen.)
Schließlich haben die freigelassenen Geiseln, die während ihrer Gefangenschaft mit den Medien oder Nachrichten in Kontakt gekommen sind, festgestellt, dass es ihnen Kraft gegeben hat, von dem weltweiten Kampf für ihre Freilassung zu hören. Die Demonstranten haben erklärt, dass sie weitermachen werden, bis alle Geiseln wieder zu Hause sind. Hoffentlich kommen noch mehr lebend nach Hause. Natürlich brauchen sie dringend körperliche, geistige und seelische Heilung, aber wenigstens sind sie zu Hause und leben.
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